12.10.2022

Herausforderungen von Apps im Gesundheitswesen: Interview mit Nia Health

Apps auf Rezept sind in der Healthcare-Branche auf dem Vormarsch und viele Start-ups entwickeln neue Lösungen, die Patienten digital entlasten sollen. Um mit digitalen Gesundheitsanwendungen erfolgreich zu sein, muss allerdings eine Reihe an Herausforderungen gemeistert werden: Von gesetzlichen Regulatorien über eine Vielzahl an Stakeholdern bis zur Schaffung von Akzeptanz. Auch Nia Health hat das Ziel, mit der Neurodermitis App Nia, die erste dermatologische DiGA von BfArM listen zu lassen. CEO Tobias Seidl einen spannenden Einblick in seine Erfahrungen und hat wertvolle Tipps parat. 

  1. Wer seid Ihr und was macht Euer Start-up?
Wir, Nia Health, nutzen Technologie als Bindeglied zwischen medizinischer Betreuung und Patienten von chronischen Hauterkrankungen. 2019 als Spin-off der Berliner Charité gegründet, haben wir unter anderem die preisgekrönte und in Europa meistgenutzte Neurodermitis-App Nia entwickelt. Nia ist die erste als Medizinprodukt zugelassene dermatologische App, die ortsunabhängige, digitale und klinisch validierte Unterstützung der Patienten erlaubt. Wir nutzen dabei innovative Technologien, wie zum Beispiel Machine Vision. Unser Ziel ist es, die Versorgungsqualität durch vollumfängliche und digitale Unterstützung von chronisch Erkrankten nachhaltig zu verbessern. 
  1. Zum Zeitpunkt, als Ihr Eure App entwickelt habt, bestand die Möglichkeit, Apps auf Rezept zu verschreiben, noch nicht. Inwiefern hat das Euer Geschäftsmodell beeinflusst? Habt Ihr bereits fest damit gerechnet, dass eine entsprechende Regelung bald folgt? 
Wir haben von Anfang an viel Potenzial im Digital Health Bereich des deutschen Gesundheitswesens gesehen, vor allem in der Dermatologie. Das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) schafft die Voraussetzung, um Digitalisierung auf offizieller und politischer Ebene zu etablieren. Wir haben damit gerechnet, dass so etwas wie das DiGA-Fast-Track-Programm kommt und arbeiten momentan auch an unserem Ziel, als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) gelistet zu werden. Unser Geschäftsmodell hat das allerdings wenig beeinflusst, da viele Krankenkassen ohnehin bereit sind, zu kooperieren und ihren Versicherten digitale Behandlungsergänzungen anbieten. Von Beginn an war es uns wichtig, mit allen Stakeholdern in dem deutschen Gesundheitsmarkt eng zusammenzuarbeiten – unabhängig von politischen Rahmenbedingungen, die dennoch richtungsweisend sind.
  1. Was waren die größten Herausforderungen bei der Gründung von Nia Health?
Die Strukturen und Regulatorik des deutschen Gesundheitswesens sind sehr komplex. Dabei mussten wir die vielen Stakeholder berücksichtigen. Denn obwohl Patienten unsere Endnutzer sind, spielen alle Stakeholder eine enorm wichtige Rolle für den Erfolg des Unternehmens. Seien es Ärzte, Krankenkassen, Patienteninstitutionen, Kliniken oder Pharmaunternehmen. Gerade für jemanden wie mich, der aus dem E-Commerce Bereich kommt, war diese vielschichtige Branche zu Beginn besonders spannend. Hier haben sich aber auch wieder unsere komplementären Erfahrungen im Gründerteam ausgezahlt (mein Co-Gründer Oliver war zuvor jahrelang CTO bei Caresyntax), sodass wir von Anfang an gut in dem Gesundheitsmarkt manövrieren konnten. 
  1. Wie holt man Krankenkassen an Bord? 
Das ist eine gute Frage! Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Krankenkassen sehr interessiert an digitalen Lösungen und Behandlungsergänzungen sind. Sie sehen oft einen Mehrwert für Ihre Versicherten und sind gerne bereit, eine Zusammenarbeit einzugehen – vorausgesetzt, Zeitpunkt und Lösung sind sinnvoll und passend für ihre Versicherten. Krankenkassen müssen natürlich auch wirtschaftlich denken und setzen je nach Versichertenstruktur einen Fokus. Man muss den aktiven Austausch suchen, aber wenn sich erfolgreiche Kooperationen rumsprechen, kommen Krankenkassen auch auf einen zu – was uns immer sehr freut. Wir stehen ständig im Austausch mit (potenziellen) Kooperationspartnern. Eine langfristige und nachhaltige Partnerschaft, gerade im Umfeld der medizinischen App-Entwicklung, ist uns hierbei sehr wichtig.
  1. Ihr habt seit 2021 eine Kooperation mit Sanofi Genzyme. Wie habt ihr es geschafft, einen so großen Partner mit ins Boot zu holen?
Sanofi Genzyme ist in der Tat ein wichtiger Partner für uns. Wir haben den Austausch mit Sanofi Genzyme damals gesucht, da wir davon überzeugt waren, dass eine Zusammenarbeit ein perfekter Fit ist. Sanofi ist sehr innovativ und agil aufgestellt, wenn es um neue Lösungsansätze zur Therapiebegleitung geht. Dabei haben sie früh den Mehrwert und das Potenzial unserer Plattform erkannt. Anfang 2022 haben wir unsere Kooperation verlängert, was für unsere Lösungen spricht und uns stolz macht.

Es gibt sicherlich nicht DEN einen geheimen Tipp, um so einen großen Pharmakonzern als Partner zu gewinnen. Wenn die Technologie innovativ und Mehrwert stiftend ist und herausgearbeitet werden kann, wohin die gemeinsame Reise gehen soll, sind auch große Konzerne offen, mit jüngeren Unternehmen zusammenzuarbeiten. Durch so eine Zusammenarbeit profitieren dann häufig beide vom Know-how und der Arbeitsweise des anderen. Mit Sanofi hat das von Anfang an hervorragend geklappt.

Die Teilnahme am Science4Life Venture Cup hat uns bei den Kooperationsgesprächen mit Sanofi Genzyme natürlich sehr geholfen.

  1. Wie ist die Akzeptanz der Ärzte? Gibt es dort besondere Hürden? 
Diese Frage lässt sich tatsächlich nicht einfach mit gut oder schlecht beantworten. Ich kann natürlich nur aus unseren Erfahrungen sprechen. Wir haben uns bereits ein Dermatologen-Netzwerk mit niedergelassenen Ärzten aufgebaut, die von unserem Ansatz überzeugt sind und unsere medizinischen Apps ihren Patienten aktiv empfehlen. Da gibt es also unserer Erfahrung nach viel Offenheit und Interesse. Das bestätigt auch unser Auftreten auf dermatologischen Fachmessen, wie zum Beispiel der FOBI in München (Fortbildungswoche für praktische Dermatologie & Venerologie). Dort bekommen wir im direkten persönlichen Austausch nochmal sehr gute Rückmeldung zu Nia und merken, wie interessiert vor allem junge Ärzte an dem Einfluss der Digitalisierung in ihrem Berufsfeld sind. Ich denke aber auch, unser Advisory Board mit führenden Key Opinion Leader aus der Dermatologie spricht für sich. Führende Experten wie Prof. Dr. med. Margitta Worm, PD Dr. Alexander Zink oder PD Dr. med. Athanasios Tsianakas, um nur ein paar zu nennen, formen unseren wissenschaftlichen Beirat und unterstützen uns, unsere Unternehmung weiter voranzutreiben. 

Hürden gibt es dennoch, die gerade durch Unwissenheit entstehen, wenn Ärzte nicht genügend über DiGAs aufgeklärt werden. Hier sehen wir die Entscheider auf politischer Ebene in der Pflicht, dies auszubauen. Man kann nicht erwarten, dass Ärzte etwas verschreiben, was sie noch nicht kennen. Deswegen sind Ärzte sehr froh, wenn wir in den Austausch treten und nicht nur über unsere Anwendung, sondern auch über die Regulatorik sachlich aufklären.

  1. Ihr habt im Oktober 2020 die Psoriasis App Sorea entwickelt – was habt Ihr diesmal anders gemacht und was für Learnings habt Ihr aus der Entwicklung von Nia mitgenommen?
Bei Sorea gehen wir eine komplett andere Indikation an und haben entsprechend auch andere Erhebungsinstrumente implementiert. Von der engen Zusammenarbeit mit Ärzten, Kliniken und Patienten konnten wir allerdings viel Gelerntes bei Sorea umsetzen. Uns war von Anfang an bewusst, wie wichtig die Expertise von niedergelassenen Ärzten, als auch von Kliniken ist – genauso wie die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen. Bei Nia haben wir mit dem AGNES Verein zusammengearbeitet. Bei Sorea haben wir auch wieder mit einer Fachklinik ein bestehendes Curriculum digital weiterentwickelt. Das Wichtigste ist, wirklich von Anfang an alle mit ins Boot zu holen, nur so kann die App bei Patienten und Ärzten gut angenommen werden. Deshalb kooperieren wir auch mit dem deutschen Psoriasis-Bund, der größten deutschsprachigen Patientenvereinigung.
  1. Welche Tipps habt Ihr für Start-ups, die eine App auf Rezept entwickeln?
Meine Top 3 Tipps wären: Beharrlichkeit, exzellente Expertise und Agilität. Beharrlichkeit, da das Gesundheitswesen ein herausforderndes Pflaster ist, vor allem bei der Digitalisierung. Da braucht es viel Durchhaltevermögen. Die richtigen Experten – Kliniker, niedergelassene Ärzte und Patienten – sind wichtig bei der Entwicklung einer qualitativ hochwertigen, patientenorientierten Lösung, die auch in der Praxis funktioniert und anwendbar ist. Agilität, um schnell und flexibel zu agieren, um den Anforderungen aller Stakeholder gerecht zu werden. Gerade in einem stark regulierten System wie dem Gesundheitswesen, das von Natur aus nicht besonders schnell Änderungen anstößt, ist Agilität wichtig. Aber auch der Austausch mit anderen DiGA Herstellern ist wichtig. Man kann immer voneinander lernen und sich unterstützen. 
  1. 9. Wo seht Ihr die Digital Health Branche in 10 Jahren – welche Entwicklungen erwartet Ihr?
Eine schwierige Frage. Für die Digital Health Szene sind 10 Jahre eine enorm lange Zeit. Vor allem, wenn man bedenkt, welche Fortschritte es allein seitens technologischer Entwicklung in den letzten Jahren gegeben hat – gerade in der Dermatologie! Es gibt unglaublich spannende Einsatzmöglichkeiten von Wearables. Aktuell befinden wir uns in einer entscheidenden Phase, wie es mit den DiGAs weitergeht. Es gibt noch viel Verbesserungspotenzial beim DiGA-Prozess und dem niederschwelligen Zugang zu DiGAs. Das wird sicher auch einen entscheidenden Einfluss auf den Einsatz digitaler Tools im Praxis-Alltag nehmen.

Die Digitalisierung wird eine individualisierte Medizin weiter vorantreiben und so eine immer wichtigere Rolle in der Versorgung spielen und auch die Qualität der Versorgung weiterhin erheblich aufwerten. Schon jetzt gibt es starke Lösungen auf Basis von KI, die das Fachpersonal unterstützen und entlasten können und einen Mehrwert für Patienten stiften. Wir hoffen, dass im Gesundheitswesen Schnittstellen übergreifend zusammengearbeitet werden kann, dass der clincial pathway eines jeden Patienten individualisiert und reibungslos über alle Stationen des Gesundheitswesens hinweg möglich ist.

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Rückenwind für den letzten Schritt in die Klinik: ForTra fördert GMP-konforme Herstellung neuer Arzneimittelkandidaten und regulatorische Beratung

09.09.2025

Vom Labor zur ersten Anwendung am Patienten: Dieser kritische Übergang erfordert nicht nur wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch die Bewältigung komplexer regulatorischer, technischer und finanzieller Anforderungen. Die gemeinnützige ForTra gGmbH für Forschungstransfer der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (ForTra) fokussiert ihre Förderung gezielt auf diese translationale Endphase: Projekte, bei denen ein neuartiger Arzneimittelkandidat, eine innovative Therapieform oder ein medizintechnisches Produkt die Schwelle zur klinischen Prüfung erreichen. Das Ziel besteht darin, den Eintritt in frühe klinische Studien (First-in-Human) zu beschleunigen und somit den Transfer patientenrelevanter Innovationen in die medizinische Versorgung substanziell zu fördern. „Unser Ziel ist es, Projekte so weit zu entwickeln, dass sie Anschlussfinanzierungen durch öffentliche Mittel oder Investoren erhalten können“, betont Prof. Dr. Martin Zörnig, Geschäftsführer der ForTra. „So schaffen wir die Brücke, damit innovative Forschung schneller den Weg zu Patientinnen und Patienten findet – unabhängig vom Krankheitsbild oder der Marktgröße.“ Ein Beispiel für diese Brückenfunktion ist die aktuelle GMP-Ausschreibung der ForTra zur Förderung der Herstellung neuer Arzneimittelkandidaten unter Good-Manufacturing-Practice-Bedingungen. Von den 37 eingereichten Projektskizzen der Ausschreibungsrunde 2025 werden ab sofort sechs Projekte mit insgesamt 4,7 Millionen Euro gefördert. Eines dieser Projekte widmet sich einer drängenden Herausforderung in der Infektionsmedizin. Forschende des Universitätsklinikums Köln um Prof. Dr. Dr. Jan Rybniker und Dr. Alexander Simonis haben vielversprechende, vollständig humane Antikörper identifiziert. Diese neutralisieren gezielt einen zentralen Virulenzfaktor des multiresistenten Bakteriums Pseudomonas aeruginosa. Das Bakterium verursacht insbesondere bei immungeschwächten und beatmeten Patientinnen und Patienten schwere Infektionen. Die Antikörper richten sich gegen das Typ-III-Sekretionssystem des Erregers und zeigen in präklinischen Modellen eine deutlich höhere Wirksamkeit als bisher verfügbare antikörperbasierte Ansätze. Das Ziel des Projekts besteht darin, diese Antikörper zu einer neuartigen, zielgerichteten Therapie zur Behandlung und Prophylaxe antibiotikaresistenter Infektionen weiterzuentwickeln. Doch auch vor der ersten klinischen Studie gibt es eine entscheidende Hürde: die komplexen regulatorischen Anforderungen. Genau hier setzt eine neue Ausschreibung der ForTra an, die im Sommer 2025 erstmals veröffentlicht wurde. Sie finanziert Beratungsleistungen spezialisierter Consulting-Unternehmen zur Vorbereitung und Durchführung von Orientierungsgesprächen und „Scientific Advice Meetings“ mit den zuständigen regulatorischen Behörden. In diesen Gesprächen wird über die präklinischen Voraussetzungen für eine mögliche Genehmigung der geplanten klinischen Studie diskutiert und die weitere Projektentwicklung daran angepasst. Für jedes von einem unabhängigen Expertengremium ausgewählte Projekt stellt die ForTra bis zu 100.000 Euro bereit. Das Ziel besteht darin, Projektleiterinnen und Projektleiter optimal auf Gespräche mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) oder dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorzubereiten – und sie bei diesen Terminen zu begleiten. Antragsberechtigt sind forschende Medizinerinnen, Mediziner sowie Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler an gemeinnützigen Forschungseinrichtungen, deren Projekte bereits erste präklinische Daten aufweisen und den Start einer klinischen Studie zum Ziel haben. Die aktuelle Ausschreibung ist bis zum 1. Oktober geöffnet. Die Auswahl der zu fördernden Projekte soll voraussichtlich bis Ende des Jahres erfolgen. Damit setzt die ForTra ein klares Signal: Forschende, die kurz vor dem Sprung in die Klinik stehen, sollen nicht an regulatorischen Hürden scheitern. Kontakt: Prof. Dr. Martin Zörnig Geschäftsführer der ForTra gGmbH für Forschungstransfer der Else Kröner-Fresenius-Stiftung E-Mail: m.zoernig@fortra-forschungstransfer.de Telefon: +49 61728975-12

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